Jetzt wird’s aber persönlich!
Mit unsachlichen Vorwürfen umgehen – Es war schon immer ein Thema, doch seit der Corona-Pandemie berichten vielen Pflegepersonen, dass dieses Thema präsenter wird. Öfter als bisher sind sie mit unsachlichen Vorwürfen und persönlichen Beleidigungen konfrontiert. Was tun, um auf eine sachliche Ebene zu kommen und diese Vorwürfe nicht selbst persönlich zu nehmen?
Alexander Seidl | Springer Verlag – Heilberufe, Ausgabe 12/2023
Es gibt Vorwürfe, die vertraut sind, weil man sie schon oft gehört und darauf geantwortet hat. In der Ambulanz: „Es ist unglaublich, wie lange es heute dauert.“ oder „Was? Warum habe ich erst in drei Monaten einen Termin.“, auf der Intensivstation: „Warum dürfen nur zwei von uns gleichzeitig zu unserem Angehörigen ins Zimmer?“, auf der Normalstation: „Was heißt Besuchszeiten? Ich habe halt so lange Dienst und kann nicht früher.“, im Pflegeheim: „Warum liegt meine Mutter noch immer im Bett?“ oder „Warum hat sie Flecken vom Essen auf ihrer Weste?“.
Schwierig wird es vor allem dann, wenn die Vorwürfe oder Beschwerden persönlich werden: „Ihr habt meine Mutter umgebracht!“, „Euch sind die Patienten ja völlig egal.“, „Gibt es hier eigentlich auch jemanden, der sich auskennt?“, „Seid ihr alle so blöd?“, „Jetzt verstehe ich, warum die Zeitungen schreiben, dass unser Gesundheitssystem am Ende ist.“, „Euch bringe ich in die Zeitung!“ – ich bin überzeugt, Ihnen fallen noch mehr Beispiele ein. Um in solchen Situationen zu einer Lösung zu kommen, gilt es, zwei Ebenen auseinanderzuhalten: die emotionale und die sachliche.